#28 Ina Remmers - Mit den Nachbarn durch die Krise

Shownotes

In dieser Folge des Goodcast spricht Julius mit Ina Remmers. Ina ist Teil des (ursprünglich) sechsköpfigen Gründerteams von nebenan.de. Ein for-profit Unternehmen, das darauf ausgerichtet ist, den Menschen zu helfen und Gutes zu tun. Sie beschäftigt sich mit einem Problem, welches vor allem durch die Corona-Pandemie, durch soziale Medien und auch dem Trend hin zum Homeoffice immer mehr Bedeutung in unserer Gesellschaft kriegt: Einsamkeit. Jede vierte Person in Deutschland fühlt sich mehrmals in der Woche einsam. Das Team von nebenan.de sieht die Lösung im wahrsten Sinne des Wortes direkt "nebenan". Denn viele Menschen kennen ihre Nachbarinnen nicht und sind schlecht bis gar nicht in der Nachbarschaft vernetzt. Deshalb bietet nebenan.de eine Möglichkeit, sich innerhalb der Nachbarschaft zu vernetzen und so viele tolle und großartige Projekte in Angriff zu nehmen. Die Plattform erfreut sich vor allem in den Großstädten Deutschlands großer Beliebtheit und kann so knapp 10.000 Communitys und über 2.500.000 Nutzerinnen aufweisen. Die Zielgruppe beschränkt sich aber nicht nur auf die Stadt, ebenso auf dem Dorf, kann die Plattform in der Zukunft eine deutlich größere Rolle spielen, obwohl sich dort eh alle kennen? Warum das Gründerteam von nebenan.de so erfolgreich ist, ein for-profit Unternehmen auch den sozialen Aspekt im Vordergrund haben kann und ihr nach der Folge vielleicht kündigt, könnt ihr euch in dieser Folge des Goodcast anhören.

https://www.linkedin.com/in/inaremmers/

https://www.linkedin.com/pulse/6-thesen-zu-guter-nachbarschaft-ina-remmers/?

trackingId=lwdGq%2FUkSwWpYVZs3%2FDiCA%3D%3D

https://www.strive-magazine.de/post/meine-gruendungsstory-ina-remmers

https://wirsindderosten.de/menschen/ina-remmers/

https://www.deutschlandfunkkultur.de/sozialunternehmerin-ina-remmers-dlf-

kultur-bd3fa822-100.html

https://impact.nebenan.de/

Musik: https://youtu.be/ZWmrfgj0MZI


Eine Produktion von MAKIKO* für die Viva Equality gemeinnützige UG

Gastgeber: Julius Bertram

Redaktion: Jeanna Lee Miller; Jamie Tom Seeliger

Mitarbeit: Martin Gertz

Produktion: MAKIKO*

Transkript anzeigen

Ina Remmers - Version 2.wav

Ina Remmers: Dafür, glaube ich, gibt es bestimmte Werkzeuge, die wir uns durchaus aus der Wirtschaft abgucken können. Also, das würde ich grundsätzlich nicht verteufeln. Ich glaube nicht, dass gutes Tun gleichzusetzen ist mit non profit. Ich glaube, man kann auch gesellschaftlich wirken, wenn man sozusagen in einem for Profit Unternehmen zum Beispiel arbeitet oder einfach Unternehmertum wieder anders interpretiert oder neu. Ja, social entrepreneurship ist ja nichts anderes.

Intro/Outro: Goodcast, der Podcast, der wirkt, präsentiert von Viva Equality.

Julius Bertram: DingDong. Wer ist da? Ich bins der Typ von Nebenan. So ungefähr finde ich, könnte der nächste Audio Werbespot oder Video Werbespot von nebenn.de anfangen, weil er würde ziemlich gut erklären, was nebenan macht. Man findet Nachbarn, also Menschen von nebenan. Viele von euch kennen vielleicht die Plattform nebenan.de und nutzen sie oder haben sie schon genutzt oder sollten sie nutzen. Ich auf jeden Fall rede heute mit einer der sechs Gründer*innen, nämlich mit Ina Remmers, und das Gespräch ist im ersten Teil vor allem erst mal ein Exkurs in das Thema social entrepreneurship, also wie fängt man am besten an? Wie bewegt man sich? Was macht man am besten als aller erstes, wie findet man Geld? Was macht man, wenn man im falschen Job feststeckt? Kleiner Spoiler vorweg, es kann sein, dass du im Nachgang für dich entscheidest, dass dein aktueller Job nicht der richtige ist. Also mit Vorsicht genießen. In jedem Fall: mega, spannendes Interview, nicht vergessen, auf allen Kanälen like, abonnieren, kommentieren und so weiter und so weiter und ganz vielen Leuten von diesem Goodcast erzählen. Ich wünsche euch ganz viel Spaß beim Hören. Los geht's!

Julius Bertram: Schön, dass du da bist.

Ina Remmers: Hallo.

Julius Bertram: Du hast gerade eben gefragt, wo das Gespräch hinführt, und ich habe gesagt, ich weiß es nicht so richtig, und das stimmt tatsächlich. Ich weiß, in Vorbereitung auf diese Gespräche, ich habe, ich würde schätzen, ungefähr 40 Fragen vorbereitet, die nach unterschiedlichen Rubriken sind, aber ganz häufig überlege ich mir eine Minute vorher, wie ich anfange, und ich hab mir gerade eben überlegt, dass ich so anfange. Also ihr habt insgesamt 400 Nachbarschaften, richtig.

Ina Remmers: In Berlin, also in Berlin, in Deutschland sind es knapp 10000.

Julius Bertram: 10000 Nachbarschaften. Wie komme ich auf 400? Ich meine, in einem Interview vorhin gehört haben, gehört zu haben 400!

Ina Remmers: Vielleicht haben wir da von einer Stadt gesprochen, von Berlin oder so, aber in Deutschland sind es, deutschlandweit sind wirklich knapp 10000.

Julius Bertram: 10000 Nachbarschaften, aber 2,5 Millionen Leute, die angemeldet sind.

Ina Remmers: Genau knapp drei jetzt mittlerweile. Es geht kontinuierlich weiter, 3 Millionen.

Julius Bertram: Das heißt, allein in den letzten knapp sechs bis neun Monaten sind 500000 dazugekommen.

Ina Remmers: Ja.

Julius Bertram: Dein Ziel war bis 25, aber jetzt muss ich überlegen, bis 25 es zu verdoppeln.

Ina Remmers: Ja, das ist nicht falsch. Es ist ganz erstaunlich zu sehen, dass das sozusagen seit Jahren wirklich kontinuierlich steigt, dass das natürlich einerseits wir natürlich nachhelfen, sozusagen indem wir versuchen, die Leute darauf aufmerksam zu machen, aber es sich auch wirklich sehr viel rumspricht mittlerweile, und das ist ganz schön zu sehen.

Julius Bertram: Und ihr seid, und ich glaube, dann hab ich in Zahlen zumindest für einen Start einmal gut zusammengefasst: 130 Menschen, 120/130!

Ina Remmers: Genau das ist korrekt. Ja.

Julius Bertram: Das ist ganz schon groß, als du damals angefangen hast. Das ist acht Jahre her. Ich muss immer, ich muss jetzt immer ein bisschen was drauf rechnen von dem Podcast, den ich gehört habe, weil der wurde vor neun Monaten ausgestrahlt. Also, du hast vor acht Jahren angefangen.

Ina Remmers: Ja, richtig.

Julius Bertram: Hast du damals gedacht, dass es so groß wird?

Ina Remmers: Ähm, also, ich habe die Idee so gefühlt, und ich fühle die bis heute so sehr, dass ich glaube, dass es ja also, dass ich einfach finde, dass es eine sinnvolle Ergänzung, sinnvolles Angebot für alle Menschen ist. Wir leben einfach Tür an Tür, wir leben nebeneinander, und ein bisschen miteinander wäre, so zu sagen, schön, und das ist so ein Gefühl, was ich in mir trage und deswegen auch damals innerhalb von Sekunden irgendwie dachte, das ist es, und da will ich dabei sein. Deswegen ja, kann ich schon rückblickend sagen, dass ich, dass ich recht zufrieden bin mit dem mit dem aktuellen Stand, ja.

Julius Bertram: Was war das worst Case Szenario?

Ina Remmers: Habe ich damals ehrlicherweise nicht drüber nachgedacht. Also ich glaube also, für mich persönlich war diese Gründung oder alles, was ich bisher auch so angepackt habe, auch immer mit so einem gesunden Maß an Naivität gespickt. Also, wenn man es so formulieren darf, ist natürlich klar, das war natürlich ein Riesen, Riesen Ding, und ich hatte auch das große Glück, in einem Gründerteam zu gründen, sodass ich auch sagen muss, dass ja, wie soll ich sagen, dass ein super set up tatsächlich auch war. Das muss man ja ehrlicherweise auch sagen. Aber mir war damals auch klar, ich meine, wenn es nicht klappt, dann, dann mach ich, dann mach ich was anderes, mache ich was Neues. Also ich habe jetzt keine, keine Sorgen gehabt, keine, glücklicherweise keine Existenzängste oder solche Geschichten, weil ich immer gedacht habe, dann fällt mir was neues ein.

Julius Bertram: Ich finde das total großartig, weil ich gehe da auch immer so ran und überlege, wie man Leuten die Angst nimmt Dinge zu machen, weil das ist ja schon was, womit ich mich beschäftige: social entrepreneurship, also Leute, die Dinge einfach anfangen. Wie nimmt man Menschen die Angst? Also woher nimmst du? Ist das ein Kindheitsding, dass du so ein tiefes Vertrauen in dir drin hast, dass du denkst, ja, komm wird schon irgendwie werden?

Ina Remmers: Ja, das ist eine sehr gute Frage, weil ich, glaube ich jetzt nicht so ein, weiß ich nicht ständig von mir oder von dem, was ich kann, überzeugter Mensch bin. Aber das eine ist natürlich, glaube ich, Leidenschaft, und da sind wir schon beim Thema social entrepreneurship oder auch generell Unternehmertum. Also ich glaube, es ist gut, ja so ein bisschen bei sich zu sein. Ich gab immer auch ein gutes Bauchgefühl schon immer gehabt, also und wusste oder hab gemerkt, wenn mich Dinge packen sozusagen und wenn ich für was brenne und für irgendwas eine Motivation habe, und dann kann es nie falsch gewesen sein. Aber es ist natürlich, das ist, glaube ich, so der Weg zu finden. Was interessiert mich wirklich, woran habe ich wirklich Spaß? Wo ist der Unterschied zwischen morgens aufstehen für was, was jetzt vielleicht nicht so mein Ding ist? Also, die Erfahrung habe ich natürlich in meinem Berufsleben ja auch gemacht, und wie fühlt sich es an, wenn man dann was tut, was einen wirklich, was einen wirklich erfüllt, und das ist, glaube ich, so, die Kraft, die einen vorantreibt oder die mich immer dann vorantreibt oder mir die Angst dann tatsächlich auch nimmt?

Julius Bertram: Ich meine mich zu erinnern, dass du gesagt hast, dass es so, war du hast, eine Agentur gearbeitet, und du hast immer gemerkt, dass es Kunden oder Kundinnen gibt, bei denen du kein gutes Gefühl hattest, und dann hat es welche, wo du das Gefühl hattest, das ist eigentlich der Weg, den ich nehmen will. Glaubst du, dass man daraus direkt ableiten kann, okay, wenn ich irgendwie so ein Störgefühl habe, sollte ich vielleicht was anderes machen.

Ina Remmers: Also, ich glaube, man sollte jetzt nicht solche, nicht zwingend ad hoc Entscheidungen treffen. Man hat ja auch, jeder hat ja auch mal einen schlechten Tag.

Julius Bertram: So das wars, tschüss.

Ina Remmers: Genau ja, na ja, also ganz ehrlich, heutzutage finde ich, das ist ja auch so ein Thema, also Durchhaltevermögen, Persistence, also das sind ja auch so Themen, die ich auch wiederum beobachtet, dass man ganz gerne jetzt, also auch gerne mal ein bisschen zu schnell, die Flinte ins Korn wirft. Also das gehört ja wiederum auch dazu, dass man, dass man dann irgendwie auch durch durchhält, mal und auch mal was durchsteht, was man vielleicht nicht so gut findet. Das ist auch eine ganz wichtige Lernerfahrung. Aber ich glaube, ich habe das relativ lang gemacht, sodass ich dann irgendwie sagen konnte, das war jetzt gut, und ich habe sehr viel gelernt. Das muss ich eben auch da wirklich unterstreichen. Aber ich konnte es mir eben dann nicht langfristig vorstellen. Was ich mir aber vorstellen konnte, war das, was ich eben dort gelernt habe, also all die Themen, mit denen ich mich eben beschäftige, Kommunikation, Marke, also wie baut man eine gute Marke, wie ist sie nachhaltig, wie können Menschen dann diesem Produkt oder dieser Marke auch vertrauen, also all diese Themen dann aber in einem anderen Kontext anzuwenden, also das war so ein bisschen das, was ich dann auch mitnehmen konnte daraus.

Julius Bertram: Also, es war dann so, du hast, ihr habt zu dritt zusammengesessen Du, Till und Till Behnke

Ina Remmers: Die lange Version der Geschichte ist, dass Till, Till und ich und unser Mitgründer Mattis so ein bisschen der Stille im verborgenen Mitgründer zusammensaßen und eigentlich eine andere Idee in der Schublade hat.

Julius Bertram: Welche?

Ina Remmers: Die liegt noch in der Schublade.

Julius Bertram: Ja das weiß ich, deswegen will ich es wissen.

Ina Remmers: Ja, also nee, die ist tatsächlich also, das kann man ganz grob beschreiben, dass sie sich so ein bisschen mit dem, mit der Endlichkeit des Lebens beschäftigt hat, damals also in dem Umgang, den Umgang mit dem Tod sozusagen. Also ist auch ein Thema, was mich sehr beschäftigt, einfach durch meine Vergangenheit und dem Verein, junge Helden, den ich mitgegründet habe, und damals ist Till dann mit Christian Vollmann Mittagessen gegangen, hat gesagt, ich nehme die Idee mal mit und guck mal, was er dazu sagt. Und dann hat er gesagt, ja ich finde eure Idee gut, aber ich habe auch eine, wie findet ihr die? Und dass, so kam wir dann sozusagen zusammen, also Christian Vollmann, Till, ich und auch Christians Bruder. Also wir waren zu sechs letzten Endes.

Julius Bertram: Michael

Ina Remmers: Michael genau, und wir waren am Ende zu sechst und haben eben nebenan die gegründet.

Julius Bertram: Und du hast, Frau Christian, gestanden, hast dir gedacht, mein Bauchgefühl sagt mir, ich mache das jetzt mit dem zusammen.

Ina Remmers: Ja, wir haben uns auf einen Kaffee getroffen. Er hat mir kurz, wirklich so auch ganz knapp, irgendwie von der Idee erzählt, auch zwei, drei direkt auch zwei, drei Fragen dazu gestellt, was ich darüber denke, wie ich das machen würde, und so weiter. Und Ähm, und für mich war das wirklich so ein Schuppen von den Augen Moment. tatsächlich, ich glaube auch, weil: Ähm, ja, weil ich aus einem ganz kleinen Dorf komme, und also ich hatte so ein paar Punkte oder so ein paar Stationen schon, wo ich so sagen würde, habe ich in Bezug zum Thema Nachbarschaft, und dann ging das ganz schnell!

Julius Bertram: Du hast eine spannende Biografie, du bist in Ostdeutschland. Ich habe damit ehrlich das Thema mit diesem Ost West, mit diesem Ost West Ding. Aber du bist quasi auf der einen Seite aufgewachsen und dann auf der anderen Seite größer geworden. Wo bist du aufgewachsen?

Ina Remmers: Auf der schwäbischen Alp dann.

Julius Bertram: Und davor?

Ina Remmers: In der Nähe von Zwickau, also im Erzgebirge in Sachsen.

Julius Bertram: Hört man gar nicht!

Ina Remmers: Ja, aber hab ich noch, hab ich noch im Petto

Julius Bertram: Habt ihr da eine aktive Nahcbarschaft?

Ina Remmers: Ähm, ja, tatsächlich, also in den urbanen Räumen, also jetzt in Chemnitz zum Beispiel, soweit ich weiß, in Zwickau auch. Im ganz, ganz im ländlichen Raum, sind wir bisher noch relativ schwach vertreten. Das gilt für ganz Deutschland, aber ja, in Sachsen sind wir auch vertreten.

Intro/Outro: Ein kleiner Hinweis in eigener Sache. Der Goodcast wird von uns mit viel Liebe für dich produziert. Bitte gib uns ein bisschen liebe zurück und vergiss nicht, den Podcast zu abonnieren und zu bewerten. Auch über Kommentare freuen wir uns.

Julius Bertram: Wie habt ihr angefangen? Wie geht man so ein Thema an? Ich glaube, es gibt eine Besonderheit, auf die man eingehen muss. Das ist auch ein Satz, den müssen wir noch auseinander diskutieren. Du machst nicht so gern Unterschied zwischen for profit und non profit, zumindest habe ich das so wahrgenommen.

Ina Remmers: Ja, beziehungsweise natürlich gibt es da einen Unterschied. Ich ich glaube nur nicht daran, oder ich halte diese dieses Schwarz-Weiß Denken für schwierig. Also ich glaube, je nach Idee, je nach Produkt, auch vielleicht je nach, wie soll ich sagen, persönlichen, persönliche Einstellungen gibt es verschiedene Ansätze, und ich glaube nicht, dass gutes Tun gleichzusetzen ist mit non profit. Ich glaube, man kann auch gesellschaftlich wirken, wenn man sozusagen in einem for profit Unternehmen zum Beispiel arbeitet, oder einfach Unternehmertum, wie soll ich sagen, wieder anders interpretiert oder neu, social entrepreneurship ist ja nichts anderes, und das war mir immer wichtig, und bei unserer Idee, eben bei dem Aufbau einer Community, wir haben es ja gerade auch angesprochen, dabei irgendwie 3 Millionen Menschen zu erreichen, perspektivisch sogar noch mehr, ist es ein so großes Unterfangen, dass wir damals eben aus unserer Erfahrung heraus, also sowohl Till und ich haben non profit Erfahrung, relativ intensive und und wussten: Okay, es braucht einfach sehr viel Kapital, um dieses, um dieses Projekt ins Leben zu rufen. Und das war eben damals der Moment, Christian hat uns tatsächlich gefragt, hat gesagt, sollte man das nicht non profit machen? Ja, und da haben Christian und ich tatsächlich so ein bisschen die Hände gehoben und haben gesagt, ja, dann machen wir aber dann nichts anderes als wirklich Tag ein Tag aus Fundraising, und es wird uns schwer fallen, uns mal wirklich konzentriert mit dem Produkt zu beschäftigen, was ja auch gut sein soll, wenn, wenn Menschen das täglich benutzen. Und ja!

Julius Bertram: Was heißt sehr viel Geld?

Ina Remmers: Na, Millionen, ne!

Julius Bertram: Das ist immer noch ein ausweichen. Aber es gibt ja. Ich würde sagen, du kannst im non profit Bereich. Kannst du, das geht. Der non profit Bereich hat ja genug Geld. Es ist ja nicht so, dass keins da ist, dass keiner da ist, die Stiftung haben. Oh Gott, wahrscheinlich mach ich gerade sehr unbeliebt, aber es gibt zumindest Stiftungen, die größere Stiftungsvolumen haben und dementsprechend auch größere Förderungen machen können. Ich würde sagen, also, wenn du ein Newbie bist und du kommst mit einer Idee um die Ecke, 1 Million ein zusammen, das wird wahrscheinlich schwierig. Aber wenn du etabliert bist, und du hast deine drei, vier, fünf, sechs Jahre auf dem Buckel kommst auch auf größere Beträge. Deswegen ist ja schon die Frage, also was, von wie viel reden wir?

Ina Remmers: Wir bewegen uns da locker im mittleren zweistelligen Millionenbereich, und das andere neben Geld ist ja auch Geschwindigkeit, und das ist, glaube ich, auch nochmal so ein Aspekt, dass, wenn du eben so eine Idee hast, und du willst die sozusagen ins Leben bringen, dann war für uns einfach klar, wir waren so, ja, wir wollten einfach loslegen, und du brauchst dieses Geld ja auch nicht sofort von Anfang an. Also das ist ja dann immer in Etappen, und dann haben wir eben auch einfach gesagt, wir fangen jetzt einfach an, und ich hatte so zu sagen, ja noch einen Job und so, dann kann man auch erst mal zwei, drei Monate irgendwie parallel arbeiten und das mal so auf die Straße bringen, weil es schon auch schwierig ist, zumindest für mich, jetzt diese ganze Stiftungs-, Förderlandschaft dann irgendwie auch zu durchschauen und ohne vielleicht auch außenstehende Hilfe zu verstehen, okay, was wäre die richtige Förderung jetzt für uns? Und da waren wir einfach in einer privilegierten Situation, zu sagen, okay, wir bauen jetzt erst mal die erste Version beziehungsweise machen wir so einen ersten Test auch in einer Nachbarschaft, gucken mal, wie so die Reaktionen sind, und schauen dann, wie es, wie es von da aus weitergeht.

Julius Bertram: Jetzt hast du meine Frage quasi beantwortet, ohne dass ich sie vorhin ausformuliert hätte. Also ihr habt angefangen mit einem einfachen Testballon.

Ina Remmers: Ja, wirklich, also ganz klassisch. Es klingt immer so unsympathisch, aber mit so einem fake door Test, also, dass man einfach mal schaut, wie die Leute reagieren, wenn man das Angebot. Ja, wir hatten wirklich nur eine Website und haben das so ein bisschen in einer Nachbarschaft bekannt gemacht um zu gucken, würden sich Leute anmelden, also würden Leute ihre Postleitzahl eingeben und sagen, ja, da will ich mitmachen, und im nächsten Schritt dann wirklich ein ganz einfaches, rudimentäres Produkt gebaut, also wirklich nur die webbasiert, keine App und nichts. Das kam bei uns auch erst deutlich später, und das in einer Nachbarschaft dann ausprobiert.

Julius Bertram: Das ist aber schon so. Den Eindruck hatte ich auch in den Gesprächen, die ich mit dir gehört hab, mit anderen Leuten, die Podcast machen. Das ist schon viel richtiger for profit startup Talk, also viel, von dem, keine Kritik also verstehe das bitte um Himmelswillen nicht falsch, sondern ich probiere, ein bisschen aufzumachen, dass einfach für die Leute, die zuhören, das ist da schon auch zwei Universen gibt, die jetzt erst mal nicht trennscharf sind. Aber das eine ist, ich habe eine Idee für ein Startup, das auch wirkt, das auch Impact hat. Da können wir auch drüber reden, gleich. Dafür brauche ich aber einen mittleren zweistelligen Millionen Betrag, und ich habe eine Idee für was kleines. Ich fang mal was an, also da ist schon, da ist irgendwie, das sind zwei unterschiedliche Geschichten.

Ina Remmers: Ja, ich glaube aber von der Herangehensweise, also jetzt so diesen ersten Teil, den ich beschrieben habe, das Geld beiseite, dieses, wie taste ich mich da an so was ran? Wie, wie finde ich überhaupt erst mal heraus, ob da eine Nachfrage ist, ob da Interesse ist? Also, ich finde diesen professionellen Ansatz, den sollten wir in allen Bereichen haben, also professionell, aber doch professionell, schon richtig zu sagen, so wie gehe ich sowas überhaupt an, ne!

Julius Bertram: Und würdest du es als rapid prototyping beschreiben? Ich mag diesen Ansatz total schnell zu testen. Funktioniert das? Funktioniert das nicht? Absägen, was neues?

Ina Remmers: Ja, weil ich will doch auch eben auch im sozialen Bereich, oder wenn ich gesellschaftliche Wirkung erzielen würde, egal jetzt, ob, möchte ich ja auch, dass es funktioniert, möchte ich auch möglichst viele Menschen erreichen. Das heißt, selbst wenn ich eine kleine Idee habe oder eine Idee habe, die gefördert wird, die jetzt gar nicht irgendwie eine Umsatz Komponente hat oder so, will ich doch, will ich doch, dass es das, dass ich möglichst viele Menschen erreiche oder möglichst viel Wirkung erziele, und dafür, glaube ich, gibt es bestimmte Werkzeuge, die wir uns durchaus aus der Wirtschaft abgucken können. Also, das würde ich dann eben grundsätzlich nicht verteufeln. Im Gegenteil, ich halte das für wichtig, dass wir das auch anwenden.

Julius Bertram: Voll unterstreiche ich zu 100 Prozent. Ich glaube nur, dass dieser Blick viel zu selten passiert, dass non profits viel zu selten auf die andere Seite gucken und sich überlegen, was gibt es eigentlich für Tools, die wir übertragen können. Deswegen scheint es mir im Ergebnis auch ganz oft so zu sein, dass die, die wir alle kennen, also die, die ich auch im Interview hatte, wie zum Beispiel ist auch Christoph Schmitz von Acker, Juli Freudenberg, von der Hacker School. Da hatte ich schon mal das Gefühl, wenn ich mit denen rede, ja, die Gucken auch auf der anderen Seite, die schauen sich das ab ist blöd, die bringen einfach dieses Skillset mit, die bringen die Tools mit, und vielen fehlt das leider.

Ina Remmers: Ja.

Julius Bertram: Ähm, und vielleicht auch das finde ich ganz spannend bei euch. Du hast ja selber so beschrieben, ihr wart sechs Leute, und ihr habt euch alle ergänzt, auch fachlich, fachlich ergänzt. Das war wahrscheinlich auch eine gute Idee, da nicht alleine loszustiefeln.

Ina Remmers: Ja, also das ist, glaube ich, auch generell eine Empfehlung, die, die ich immer geben würde, sich eben auch möglichst komplementär aufzustellen. Also, wir haben so wahnsinnig viel auch voneinander gelernt. Also während, glaube ich, ich schon diejenige war oder bin, die dafür steht, wie soll ich sagen, immer auch diese gesellschaftliche Wirkung in den Vordergrund zu stellen und sicherzustellen, dass dieses du ja wirklich den Menschen einen Mehrwert bietet, haben wir natürlich auch Teile im Gründerteam gehabt, und das war ganz bewundernswert, auch zu beobachten, wie eben Christian zum Beispiel als Unternehmer auch handelt und sagen, wo halten wir das Geld auch zusammen? Also wirklich auch sparsam zu sein, zu sagen, worauf fokussieren wir uns? Dass wir uns nicht ablenken lassen und all diese Dinge, die wirklich aus aus dem klassischen Unternehmertum kommen, da mit einfließen zu lassen, also diese, dieses Komplementäre ist, glaube ich, auch kann, kann ein großer Vorteil sein.

Julius Bertram: Viele wissen das vielleicht nicht, aber Christian ist ja Seriengründer. Ich glaube man kann das so bezeichnen. Seriengründer eDarling jetzt gerade alternative Antriebsstoffe, wie heißt es?

Ina Remmers: C1

Julius Bertram: C1.

Ina Remmers: Ja oder Carbon One

Julius Bertram: Und der ist aber auf jeden Fall ist er renommiert. Also es ist, in der Szene kennt man ihn und wahrscheinlich auch die Produkte am Ende darüber hinaus. Was ist das größte Learning, das du von ihm mitgenommen hast? Ich zapf das jetzt quasi über Eck an.

Ina Remmers: Ja, also das das, das ist wirklich eben einmal dieses Thema, wirklich sich zu fragen, sozusagen mit dem, was mir jetzt gegeben ist, also ob das jetzt 100, ob das jetzt 100€ sind oder 1000 wie mache ich das? Wie hole ich da das maximale raus für mein Produkt? Also wie, wie komme ich möglichst weit? Dann sind es ein paar Dinge, die einfach faszinierend sind bei ihm, und da weiß ich nicht, ob es ein Learning ist. Aber da kann man sich irgendwie eine Scheibe von abschneiden, wenn es einfach wirklich auch in welcher Entschlossenheit und Geschwindigkeit, also wirklich Konzentration auf die Essenz, auf das wesentliche und dieser Fokus und dann eben auch wirklich für die Idee rauszugehen, zu Netzwerken. Auch der Christian ist ein unglaublich gut vernetzter Mensch, der so für seine Idee steht, dass er, dass er egal der stellt sich auf eine große Bühne und auf die allerkleinste, um eben von seiner Idee, den Menschen, von seiner Idee auch zu erzählen, in einer unglaublichen Überzeugung eben auch. Also das war auch sehr, sehr beeindruckend, einfach so diesen Werkzeugkoffer zu haben, wo man mit wenig Hilfe erst mal selber ganz viel schon mal hinkriegt.

Julius Bertram: Okay, jetzt, fast forward. Also, ihr fangt an vor sieben Jahren, ihr seid zu sechs, ihr fangt an und baut eine kleine Plattform, schmeißt ein paar Flyer hier und da ein, ihr kriegt Feedback und Vorgespult. Sieben Jahre später sind es 3 Millionen. Wie?

Ina Remmers: Ja, das läuft natürlich alles in Etappen. Also ich versuch's mal, so ein bisschen zu unterteilen. Also in dem Moment, als wir festgestellt hatten: Okay, das war, glaube ich, damals der Gräfekiez in Kreuzberg, wo wir so unsere ersten Zettel verteilt haben und gesehen haben, an dem Tag ploppen plötzlich die ganzen, kamen die ganzen Anmeldungen rein. Also, das war ein unbeschreibliches Gefühl. Dann macht man sich natürlich Gedanken, okay, wenn es in einer Nachbarschaft funktioniert, wie kann es dann in zehn funktionieren? Also das eine ist ja immer sozusagen, was brauchen wir dann für ne, für eine Struktur, dass wir das sozusagen auch aufbauen können? Also erst mal haben wir natürlich dann unsere eigenen Hoods, also in unseren eigenen Nachbarschaften Zettel verteilt. Dann haben wir das in allen möglichen Nachbarschaften gemacht und immer selbst, und dann kommt natürlich der Schritt so, wer hilft einem dann dabei? Also, wie kann man das eben systematisieren? Und bei uns war eben wirklich der Zettel so ein bisschen die ja der Grothhead sozusagen, wie man so schön sagt, also die eine Sache, die richtig gut funktioniert hat, eben einfach, und dann sind wir von Stadt, in unserem Fall wirklich so von Stadt zu Stadt gegangen. Also, wir haben in Berlin angefangen, sind dann nach Hamburg und München, Köln, Frankfurt und so weiter und Ähm, und das haben wir wirklich sehr systematisch eben gemacht, und dann gab es tatsächlich auch, manchmal sind es ja auch Dinge, die einem von außen so ein bisschen noch in die Hände spielen, und in unserem Fall war das eben auch wirklich 2019, danach auch nochmal oder 2020. Dann muss man sagen, als der erste Lockdown kam, also als die Pandemie, als die Pandemie kam, das plötzlich auch ohne viel zu tun, den Menschen plötzlich bewusst wurde, dass das lokale Umfeld wichtig ist, und da hatten wir extrem Zulauf, dann einfach auch nochmal. Das hat auch unserer Bekanntheit nochmal einen großen Schub gegeben.

Julius Bertram: Ich habe mich in Gedanken gerade aufgehangen, weil ich überlegt habe, wann ich drauf gekommen bin, nebenan zu nutzen. Ich hab ne Zeit lang, ich muss damit wieder anfangen, hab ich selber Sauerteigbrot gebacken und hab die, die übrig geblieben sind, in der Nachbarschaft verteilt, und das war echt ganz schön. Das war wirklich ganz spannend! Was glaubst du, wenn du es in einem Satz sagen müsstest, nicht aus deiner Perspektive, sondern aus der Perspektive eurer Nutzer*innen. Warum nutzen Menschen eure Plattform? Also warumich fragen, sie können ja auch einfach beim Nachbarn klingeln? Ja, das ist also, ich denke mir so, ich kenne meinen Nachbarn, ich kenne meine Untermieterin, ich kenne mein Obermieter, ich kenne den Fahrradhändler, ich kenne den Architekten auf der anderen Straßenseite. Ich kenne einfach sau viele Menschen. Warum nutzen Menschen das?

Ina Remmers: Weil es, weil es tatsächlich so ein bisschen die Hürde verringert, Kontakt irgendwie mit Menschen aufzunehmen, und die Chance, ich formuliere es immer so, die Chance auf ein positives Erlebnis wiederum erhöht. Also, ich erkläre das immer an dem Beispiel, weil du gerade sagst, auch mit dem Klingeln, ähm, mein klassisches Beispiel ist ja immer die Bohrmaschine, oder ob es jetzt also, es kann ja auch irgendwas anderes sein, aber es ist A) relativ aufwendig. Also, jetzt ist eine Bohrmaschine noch so, das haben ja, eben der Punkt, das haben ja sehr viele Menschen. Trotzdem ist es relativ aufwendig, die Person in dem Moment irgendwie zu Hause zu erwischen, und die Chancen sind 50/50 dass die, dass dein Nachbar oder deine Nachbarin sagt, ja, kannst du haben oder, nee, ich verleihe meine eigentlich nicht so gerne. Und bei nebenan.de ist so eine Community von Menschen, die irgendwie voneinander mitbekommen, also allem, was so passiert im lokalen Umfeld. Und wenn du eine Frage hast oder wenn du Hilfe brauchst, dann sprichst du auf einmal nicht nur eine Person an, sondern eben 100, 200, 300, je nachdem, wie viele bei dir angemeldet sind, und die Personen, die dir helfen möchten, von denen kriegst du eine positive Antwort. Der Rest ist einfach stumm. Ja, also, das macht total viel aus, dass die Leute sich trauen zu fragen. Ja!

Julius Bertram: Das ist das ganz verkürzt. Ist der Mehrwert, dass ich kein negativ Erlebnis habe?

Ina Remmers: Auch ja, und dass ich, und dass ich, wie soll ich sagen, dass ich schneller und überhaupt Hilfe bekomme oder Austausch, wenn ich mich sonst auf anderen Wegen, und das ist nämlich bei den meisten der Fall, die bei uns auf der Plattform sind, es gar nicht gemacht hätte und mich nicht getraut hätte, das ist ganz, ganz spannend, also wie viele Fragen gestellt werden oder ja, doch Fragen oder so Aufrufe gestartet werden, die sonst wahrscheinlich gar nicht so gar nicht stattgefunden hätten, das ist, das ist das spannende, dass wir da Menschen zusammenbringen, die sich dann auch trauen und die ja auch gleichzeitig beobachten können, was aus anderen Dingen wird auf der Plattform, und sich dann bestärkt fühlen und sagen, ja, dann frage ich jetzt auch einfach mal, oder ich hab ja die Bohrmaschine, warum biete ich sie nicht einfach mal an, dass es nämlich dass eigentlich fast noch schönere Erlebnis.

Julius Bertram: Das ist so ein bisschen zynisch. Deswegen gucken, ob das zu was führt. Also, während quasi die sozialen Medien und so Trends wie Homeoffice dazu führen, dass die Leute immer weiter vereinsamen, seid ihr der Gegenentwurf dazu, dass ihr die Leute wieder zusammenführt als Plattform.

Ina Remmers: Ja, definitiv, ich glaube, wir sind eine der eine der Plattformen oder mit die Plattform, die dafür sorgt, dass Menschen sich begegnen. Das ist ja auch, sag ich ja auch gerne, die sich eben vorher nicht kannten, obwohl sie. Jetzt kennst du zwar zwei, drei, vier Leute in deiner Nachbarschaft, das ist schon super. Ja, also, weil es gibt, es ist nämlich, es ist eine Volkskrankheit, und es ist nicht umsonst, dass mittlerweile teilweise in Landesregierungen oder Ministerien extra Töpfe fürs Thema Einsamkeit aufgemacht werden, Fördertöpfe. Die Menschen sind durch die Pandemie, aber auch schon vorher, durch eben, ja durch die Digitalisierung tatsächlich, bei allem, was ich, was sie uns gebracht hat und auch weiterbringen wird, gibt es eben auch die andere Seite, und das ist die, dass die Menschen immer mehr vereinsamen, ja soziale Kontakte im echten Leben immer weniger werden. Das ist auch das, warum ich auch immer wieder betone, dass es so ein Angebot wie unseres, nicht nur ein städtisches Phänomen ist, sondern auch auf dem Land. Ich meine, da gibt es dann die Kneipe nicht mehr, und diese ganzen Begegnungsorte fallen weg. Da braucht es irgendwie was, wo, wo wir nicht nur in unserer Filterblase funktionieren und immer nur so mit Gleichgesinnten über die gleichen Themen reden, sondern Menschen kennenlernen, die ein anderes Alter haben, die eine andere Einstellung haben, die einen anderen Beruf haben, also all das, und das kann, da kann auch mal so eine Schnack, an der an der Haustür, beim Bormaschine ausleihen, kann da schon mal reichen. Ja, also, darüber könnte ich stundenlang reden, weil ich, weil ich wirklich davon überzeugt bin, dass diese kurzen Kontakte mal mit der, ich nenne es jetzt mal mit der Außenwelt, das klingt so absurd, aber ganz wichtig sind, auch für unser miteinander.

Julius Bertram: Ja, voll, also, ich probiere, das gerade zu reflektieren, dass du sagst, dass es gut ist, dass ich zwei, drei Leute in unserer Nachbarschaft kenne, weil das Ding ist. Also, ich würde uns bei dir jetzt mal so einschätzen, dass wir eher kontaktfreudige Menschen sind. Ich habe kein Problem damit, auf andere Leute zuzugehen, weil mein, mein Leben, mein Wirken jeden Tag so ist, dass ich auf andere Leute zugehen muss, und ich glaube schon, dass Menschen zunehmend Probleme damit haben, einfach auf andere zuzugehen und zu sagen, hey, wer bist denn du? Ganz platt, was machst denn du so? Ja!

Ina Remmers: Genau!

Julius Bertram: Was voll schade ist, was ja, um das an der Eckkneipe festzumachen, auch damit zu tun hat, dass viel an Lokalen wegbricht. Also wenn du auf die Dörfer guckst, die Kneipen sind zu, die Orte, wo sich die Leute früher getroffen haben, machen dicht. Die Vereine kriegen es auch nicht mehr, zusammen mit den Strukturen, die Feuerwehren werden immer älter, die Schützenvereine. Ich kenne die ganzen Vorbehalte in diese Institutionen, aber die haben zumindest die dörflichen Gemeinschaften zusammengehalten. Wie löst ihr denn das Problem auf den Dörfern?

Ina Remmers: Ja, also, das ist tatsächlich eine große Herausforderung. Auf der einen Seite lösen wir das, also wir haben ja funktionierende, sozusagen Communitys auch auf dem Land, nur eben relativ wenig, weil es sich, weil wir eben wirklich sehr, sehr viele dörfliche Strukturen haben in Deutschland und es sich da noch relativ schwer rumspricht. Das eine ist wirklich, dass man braucht einfach wie eben, wie du es gerade beschrieben hast, auch in einem Verein brauchst du auch für eine Community. Bei dem brauchst du immer so ein, zwei, drei Leute am Anfang, die so vorangehen, die da sagen, okay, ich will das jetzt, und ich will, dass es das in meinem Dorf gibt. Wenn es soll, solche Leute gibt, dann funktioniert es auch, weil dann kontaktieren die, uns, dann verteilen die selber die Zettel oder ähnliches. Das andere ist, dass wir mit den, ja mit den kommunalen Verwaltungen dann eben auch einfach zusammenarbeiten. Also, es ist wirklich auch so, dass teilweise Bürgermeisterinnen, Bürgermeister uns kontaktieren und sagen, hey, ich würde das gerne in meiner Gemeinde einführen und hier nutzen. Also, das sind so, das sind wirklich so Testballons, die wir auch teilweise steigen lassen. Was funktioniert irgendwie am besten? Also, da gibt es noch nicht so dieses eine, wie es jetzt in der Stadt war mit den Zetteln, da gibt's noch nicht so diesen einen, diesen einen ganz klaren Weg. Dafür sind die Dörfer so zu unterschiedlich. Aber so, das sind so zwei Wege, die wir gehen, beziehungsweise was natürlich auch passiert jetzt ist, dass es einfach aus den großen Städten sozusagen sich ausbreitet in die Speckgürtel, und das strahlt dann sozusagen ab. Und also gerade rund um rund um Berlin zum Beispiel sind, sind einige Nachbarschaften, die einfach eine dörfliche Struktur vorweisen und dann eben schon gar nicht mehr zu Berlin gehören.

Julius Bertram: Wie würdest du dir wünschen, wie sich das weiterentwickelt? Also was, wenn du eine optimale Zukunft entwerfen könntest?

Ina Remmers: Ja, ich würde mir wünschen, dass es uns gelingt, so wie wir das ja eben, wie gesagt auch in den Großstädten schon haben, dass also, A) dass grundsätzlich gesellschaftlich ja Nachbarschaft als ein wahrgenommen wird, sozusagen nicht als was irgendwie ne, also weil Nachbarn und Nachbarschaft ist ja wirklich auch so ein bisschen negativ konnotiert, manchmal so die nervigen, die nervige Nachbarn und so weiter, aber dass das tatsächlich ein Geschenk ist und dass da ganz viel Potenzial schlummert, von dem ich eben selbst noch gar nichts weiß, also dass wir das wieder mehr zu schätzen lernen, dass uns bewusst ist, dass wir hier, dass wir nicht alleine hier leben, sondern dass es irgendwie in Gemeinschaft, in der sozialen Struktur deutlich besser auch funktioniert alles. Und für nebenan.de wünsche ich mir eben tatsächlich das, dass wir das auch abbilden können in dem Produkt, dass die Nachbarinnen und Nachbarn uns einfach nutzen können, das lokale Gewerbe, das ist ja noch das andere Thema, wirklich bei uns auch eine Plattform, Form finden, um mit den Menschen in Kontakt zu treten, soziale Organisation, diese Sichtbarkeit bekommen. Also, jetzt sind wir jetzt wieder bei der Feuerwehr oder beim Seniorentreff oder beim Fußballverein, dass das alles wieder sichtbar wird, all das, was früher vielleicht in so einem Glaskasten hing, so jetzt im Dorf oder im Gemeindeblatt stand, was kaum noch einer durchblättert. Also dass wir für das, für all das, für diese lokalen Belange die Anlaufstelle sind, und das ist so mein Wunsch und auch meine, ja meine Vision.

Julius Bertram: Ihr habt ja auch ne Stiftung!

Ina Remmers: Ja.

Julius Bertram: Was macht die Stiftung?

Ina Remmers: Die Stiftung fördert sozusagen also hat eigene Projekte, die, sag ich jetzt mal, in der Intensität des nachbarschaftlichen Miteinanders, über diese, über diese Ad hoc Geschichten und die Organisation der Plattform hinausgehen, also wirklich Nachbarschaft bekannter zu machen in Deutschland, und genau diese Konnotation vielleicht auch umzudrehen. Also die organisieren ja den Tag der Nachbarn, der ist immer Ende Mai. Wir vergeben den deutschen Nachbarschaftspreis an alle diese Organisationen und Menschen. Tatsächlich, bei uns muss man auch nicht zwingend irgendeine formale Struktur aufweisen, um eben ausgezeichnet zu werden dafür, dass man sich im lokalen engagiert. Also dieses lokale Engagement ist ein ganz großes Thema

Julius Bertram: Das heißt also, wir haben jetzt im Grunde drei Optionen herausgearbeitet. Für die Leute, die ihren Job gekündigt haben und was machen möchten. Die sollen jetzt einfach anfangen, für die Organisation, die lokal sichtbar werden wollen. Die können über nebenan.de gehen, genauso wie Personen, die gerne in ihrer Nachbarschaft etwas bewirken möchten oder die eine Bohrmaschine brauchen, und für die Organisation, die einfach zeigen wollen, was sie Geiles alles tun, die können sich bewerben beim Nachbarschaftspreis.

Ina Remmers: Zum Beispiel ja.

Julius Bertram: Mit welchem Song, das ist die letzte Frage, möchtest du diesen Podcast beenden?

Ina Remmers: Auweia, darauf bin ich nicht vorbereitet.

Julius Bertram: Ja, deswegen stelle ich diese Frage.

Ina Remmers: Total old school! Dann wünsche ich mir unfinished Sympathy von Massive Attack, wenn's noch jemand kennt.

Julius Bertram: Sehr gut, danke dir für deine Zeit.

Ina Remmers: Danke.

Intro/Outro: Goodcast, der Podcast, der wird präsentiert von Viva Equality mit freundlicher Unterstützung von MAKIKO.

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