#27 Shai Hoffmann: Tausche Privilegien für Gerechtigkeit

Shownotes

In dieser Folge des Goodcast, spricht Julius mit einem echten Multitalent – Shai Hoffmann. Shai sagt von sich selbst, dass er Sozialaktivist ist, dabei ist er noch so viel mehr. Seine berufliche Laufbahn ist prall gefüllt mit unzähligen Aufgaben und Projekten, die teilweise verschiedener nicht sein könnten. Vielleicht sagt dem einen oder anderem der Name Shai Hoffmann noch etwas, aus der Sendung „Verbotene Liebe“, oder ihr habt Shai 2017 schon einmal getroffen, mit seinem „Bus der Begegnungen“ In dieser Ausgabe des Goodcast geht es jedoch nicht nur um die vergangenen Projekte von Shai. Julius und er sprechen auch über ein Projekt, das bereits in Planung ist und bei dem der Goodcast am Ende vielleicht auch eine Rolle spielen wird? Als Zuhörer*Innen kriegen wir aber auch einen ganz intimen Einblick in die aktuelle Gefühlslage von Shai in Deutschland. Die derzeitige politische Situation ist für ihn als Juden besonders Angst einflößend. Unter Anderem aus diesem Grund ist Shai Sozialaktivist und sucht sehr aufopferungsvoll immer wieder nach neuen Projekten, um die Gesellschaft wieder weiter zusammenzubringen und Vielfalt sowie Demokratie erneut zu stärken. Zu Shais vielen Stärken zählt auch das Crowdfunding, so entlockt Julius ihm einen kleinen, aber überaus interessanten und sehr informativen Crashkurs, worauf es beim Crowdfunding ankommt. Wir halten also fest, Shai ist ein Sozialaktivist, mit Stärken und Interessen in fast allen Bereichen. Er macht immer das, worauf er Bock hat und ist stets auf der Suche nach dem nächsten Projekt, in dem er sich sozial engagieren kann.

https://www.linkedin.com/in/dr-julia-freudenberg-40866515/

https://www.linkedin.com/in/shaihoffmann/?originalSubdomain=de

https://shaihoffmann.de/portfolio/busderbegegnungen/

https://shaihoffmann.de/portfolio/tinyhouse-grundgesetz/

https://www.ardmediathek.de/video/menschen-unter-uns/der-mutmacher-shai-hoffmanns-weg-vom-schauspieler-zum-aktivisten/swr/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzE3NzQxODE

https://www.deutschlandfunkkultur.de/sinnfluencer-shai-hoffmann-nicht-die-gewinne-maximieren-100.html

Musik: Tauren Wells - Joy In The Morning (Lyric Video)


Eine Produktion von MAKIKO* für die Viva Equality gemeinnützige UG

Gastgeber: Julius Bertram

Redaktion: Jeanna Lee Miller; Jamie Tom Seeliger

Mitarbeit: Martin Gertz

Produktion: MAKIKO*

Transkript anzeigen

Shai Hoffmann_cut.wav

Shai Hoffmann: Ich denke mittlerweile. Ja.Jetzt auch laut. Darüber nach, ob Deutschland hier eine Zukunft für mich wäre. Ey wir sind Meister*innen darin, Dinge auszublenden, indem wir dann das Auto kaufen oder das iPhone kaufen, ohne wirklich zu hinterfragen, woher kommt das eigentlich? Wer muss eigentlich dafür ausgebeutet werden? Ich glaube, ganz grundsätzlich ist einer der Gründe sicherlich, dass sehr viele Menschen es sich zu gemütlich gemacht haben in unserer Demokratie und unserer Gesellschaftsform, in der wir leben.

Julius Bertram: Mein Name ist Julius Bertram, und du hörst den Goodcast heute mit wieder natürlich einem ganz besonderen Gast: Shai Hoffmann. Shai ist hochgradig inspirierend. Ich glaube, das trifft es ganz gut, denn er ist Fachmann für viele unterschiedliche Dinge. Er kennt sich nicht nur unglaublich gut mit Aktivismus aus und ist jemand, der wirklich Dinge bewegt, sondern er ist auch ausgewiesener Experte für das Thema Crowdfunding, engagiert sich für Demokratie, für Gleichberechtigung, er ist wirklich ein hochgradig inspirierender Typ. Du solltest diesen Podcast auf jeden Fall bis zum Ende hören, weil am Ende gibt er noch ein paar Insides zum Thema Crowdfunding. Falls du dich also gerade mit dem Gedanken herumschlägst, ob du aktiv werden willst und ob du dafür ein bisschen Geld brauchst und das Ganze über Crowdfunding machen möchtest, dann höre diesen Podcast auf jeden Fall bis zum Schluss. Er lohnt sich natürlich auch am Anfang, aber es ist so ein bisschen spoiler, um dabeizubleiben. Hier noch eine kleine bitte von mir. Ich werde nicht müde, es zu betonen. Erzähl möglichst vielen Leuten davon, hebt den Daumen, abonnier diesen Podcast hast, teile diesen Podcast mit vielen Menschen, und es ist egal, ob du das digital tust oder ob du anderen Menschen davon erzählst. Es sind viele spannende Interviews zusammengekommen, viele inspirierende Menschen, mit denen ich sprechen durfte, und es wäre einfach schade, wenn nicht noch mehr Leute den Zugang dazu haben. Also erzähl anderen Leuten von dem Goodcast, und verpasst auf gar keinen Fall die nächsten Folgen. Jetzt geht's los. Viel Spaß mit dieser Folge mit Shai Hoffmann!

Intro/Outro: Goodcast, der Podcast, der wirkt, präsentiert von Viva Equality.

Julius Bertram: Shai, ich freue mich, dass du Gast in meinen Podcast bist.

Shai Hoffmann: Danke für die Einladung.

Julius Bertram: Du hast gerade eben ganz unbemerkt was gesagt, was ich total spannend fand. Du hast gesagt, du musst dich immer selber neu erfinden. Würdest du gerade sagen, dass du gerade einen Prozess bist, dich neu zu erfinden?

Shai Hoffmann: Ja, ich würde schon sagen, dass ich in dem Prozess bin. Ich bin eigentlich ständig in einem Prozess der Neuerfindung.

Julius Bertram: Was wird es denn dieses mal?

Shai Hoffmann: Wenn ich das wüsste. Ach, ich mach mir so ganz viele Gedanken. Wenn man so durchs Leben laufe, politische Diskussion beobachtet und sich anhört, dann finde ich, hat man immer irgendwie Gedanken, sich nochmal ein bisschen mehr zu enggieren, weil einfach da draußen super viel los ist, was einen dann aufwühlt.

Julius Bertram : Warum machen es so wenig? Warum machst du es und die anderen machen nicht mit? Echt überspitzt, ja, die anderen machen schon mit, aber warum? Warum zu wenig?

Shai Hoffmann: Ja, erstmal, erstmal möchte ich natürlich niemanden judgen. Also es gibt ja Menschen, die haben vielleicht nicht die Ressourcen, die ich habe. Aber ich, ich glaube, ganz grundsätzlich ist einer der Gründe sicherlich, dass sehr viele Menschen es sich zu gemütlich gemacht haben in unserer Demokratie und unserer Gesellschaftsform, in der wir leben. Wir haben alles, wir häufen Wohlstand an, wir konsumieren fröhlich, wir können uns iPhones und Samsung Handys leisten, die vierstellig Kosten. Dafür arbeiten wir dann halt auch, aber neben diesen ganzen belegten Ressourcen fehlt dann ganz oft, auch sicherlich eine Prioritätenfrage, aber fehlt dann vielen Menschen einfach oft die Zeit, sich zu engagieren, und das ist fatal.

Julius Bertram: Ja, und es ist auch echt so, wie du sagst bequem es ist halt hart, wenn man an den eigenen Wohlstand ran muss. Also wenn du darüber nachdenkst, dass es dir selber gut geht, dann wahrscheinlich nur, weil es anderen Leuten schlecht geht.

Shai Hoffmann: Wir sind Meister*innen darin, Dinge auszublenden und einfach irgendwie in dem Moment der Euphorie das Glück zu finden, indem wir dann das Auto kaufen oder das iPhone kaufen, ohne wirklich zu hinterfragen, woher kommt das eigentlich. Wer muss eigentlich dafür ausgebeutet werden.

Julius Bertram: Warte mal, wir müssen kurz die Handbremse anziehen. Wir sind einfach jetzt Kopf über voll reingeflogen. Also, ich habe hier eine Liste, die werde ich dir jetzt so vortragen. Shai Hoffmann, Shai Hoffmanns berufliche Karriere könnte nicht vielfältiger sein. Er ist Sozialunternehmer, Speaker, Moderator, Aktivist, Sänger, Schauspieler, Dozent warst du auch, du hast eine Ausbildung als Hotelfachmann, du hast BWL studiert, du bist Experte für Crowdfunding, du bist Aktivist, du bist Unternehmer. Was vergessen?

Shai Hoffmann: Wow

Julius Bertram: Ist zumindest ein Beleg dafür, dass du dich immer wieder neu erfindest.

Shai Hoffmann: Ja, aber was bedeutet Erfolg? Ich denke jetzt gerade laut, also wenn ich am Ende auf mein Konto gucke, am Ende des Monats, denke ich mir auch manchmal so, vielleicht gehst du doch nochmal, oder vielleicht wirst du doch mal Berater, was du gelernt hast!

Julius Bertram: Ich glaube ich weiß, was du wirklich denkst. Ja pass auf. Ich glaube du denkst, wäre ich doch damals in der Sendung verbotene Liebe nicht in den Flieger nach Australien gestiegen?

Shai Hoffmann: Sie haben ja richtig gut recherchiert.

Julius Bertram: Ich habe es mir vorhin angeguckt. Was würdest du sagen, ist das, was du für dich selber am allermeisten aus dieser Zeit mitgenommen hast?

Shai Hoffmann: Aus dieser Umbruchszeit, meinst du?

Julius Bertram: Ja

Shai Hoffmann: Ich würde sagen, dass das Leben nicht planbar ist, du machst Pläne, und dann kommt das Leben dazwischen. Also, ich bin ja damals in dieser Sendung gewesen und hab dann geschauspielert, und kurz davor habe ich eine Niere transplantiert bekommen. Das hat ganz, ganz viel in meinem Leben geändert. Das hat mich auch äußerlich verändert und insofern, als dass ich dann irgendwie nicht mehr angekommen bin, gut angekommen bin bei den Zuschauern. Das war der Grund, und dann wurde ich mehr oder weniger gekickt. Und ja, du machst Pläne, du denkst, jetzt möchte ich meine Karriere als Schauspieler oder als Darsteller verfolgen, und dann auf einmal wird da so ein Keil dazwischen gerammt, und es heißt dann, sorry, du siehst nicht mehr so gut aus, wie wir dachten, und du musst jetzt gehen, in drei Monaten, und dann auf einmal stehst du da und denkst so okay, warte mal, ich als Mensch werde so behandelt, ich muss mir irgendwas einfallen lassen. Ich möchte nicht mehr bewertet werden von außen, ich möchte nicht mehr abhängig sein von anderen Menschen, und dann habe ich studiert.

Julius Bertram: BWL.

Shai Hoffmann: Korrekt.

Julius Bertram: Und es hat dir Spaß gemacht BWL zu studieren?

Shai Hoffmann: Es hat mir komischerweise Spaß gemacht, ja. Ehrlicherweise fand ich das ein ziemlich gutes Studium.

Julius Bertram: Ich muss sagen, ich finde das, ehrlich gesagt, ziemlich, ziemlich gutes Rüstzeug, also Hotelfachmann deswegen,weil ich habe selber ein paar Jahre im Hotel gearbeitet, und ich weiß, dass es eine sehr gute Schule ist, anderen Leuten zu dienen. Ich habe hier in einem fünf Sterne Hotel gearbeitet, und dann lernst du schon was. Wenn du den Leuten ihren Mist hinterher trägst. Demut, viel Demut, aber auch den Blick fürs Detail. Und dann Schauspielerei, das habe ich mitgenommen aus dem Podcast, dass du sagst, ja, ich habe gelernt, wie man auf der Bühne steht und wie man gut redet und dann hinterher BWL um dann quasi so ein Gesamtpaket zu schnüren. Das kann ich mir schon gut vorstellen, führt zu der Frage, was bist du denn nun? Bist du jetzt Aktivist oder Sozialunternehmer?

Shai Hoffmann: Sozialaktivist natürlich, und damit habe ich mich wieder neuer erfunden. Hier im Podcast, im Goodcast Intro/Outro: Ein kleiner Hinweis in eigener Sache, der Goodcast wird von uns mit viel Liebe für dich produziert. Bitte gib uns ein bisschen Liebe zurück und vergiss nicht, den Podcast zu abonnieren und zu bewerten. Auch über Kommentare freuen wir uns.

Julius Bertram: Neu erfunden hier im Goodcast, okay, was ist ein Sozialaktivist?

Shai Hoffmann: Ein Sozialaktivist, ist jemand, der mit offenen Augen durch die Welt läuft, das heißt, das kannst auch du werden.

Julius Bertram: Ihr da draußen.

Shai Hoffmann: Genau, liebe Hörer*innen, dass kannst auch du werden. Der offen durch die Welt läuft, der sich anschaut, wieso die Welt so ist, wie sie ist, wieso unsere Gesellschaft so geschnürt, oder architektiert und gebaut ist, wie sie ist. Wer so alles Gerechtigkeiten und Ungerechtigkeiten erfährt und dann seine Privilegien oder ihre Privilegien dafür einsetzt, sozusagen für mehr Gerechtigkeit zu sorgen, und das auf diversen wegen, würde ich sagen, also, man kann seine sozialen Medien nutzen. Jetzt gerade arbeite ich an einem Projekt zur Landtagswahl nächstes Jahr.

Julius Bertram: In welchem Bundesland?

Shai Hoffmann: Thüringen, Brandenburg und Sachsen? Die wählen ja nächstes Jahr!

Julius Bertram: Richtig gut, an der Stelle, heiß empfohlen, der Podcast mit Maximilian Oehl.

Shai Hoffmann: Toller Typ.

Julius Bertram: Ja er ist toll! Wir beide sind zu dem Punkt gekommen, dass wir gesagt haben, wir gucken mit ganz viel Angst auf diese Wahlen.

Shai Hoffmann: Ja, ganz toll.

Julius Bertram: Kannst du spoilern, was du machst.

Shai Hoffmann: Also 2017 habe ich mir den Bus der Begegnung ausgedacht und bin da durch Deutschland gefahren und habe kurz vor der Bundestagswahl mit Menschen gesprochen auf Marktplätzen, und mir schwebt sowas ähnliches wieder vor, im nächsten Jahr, nur wahrscheinlich mit einem Tiny House. Das Tiny House der Begegnungen.

Julius Bertram: Mit Polizeischutz?

Shai Hoffmann: Hoffentlich nicht, aber vermutlich schon.

Julius Bertram: Ich würde mitmachen.

Shai Hoffmann: Echt?

Julius Bertram: Das machen wir jetzt. Ich begleite, dass live, das fände ich richtig geil. Fahr ich mit dem Goodcast mit,und wir machen das unterwegs.

Shai Hoffmann: Ja Mega gerne, ich würde auch ganz gerne podcasten von dort, also vielleicht kommen wir da wirklich zusammen.

Julius Bertram: Siehste? Schon neu erfunden.

Shai Hoffmann: Also, ich will das Tiny House tatsächlich als sozusagen Studio nutzen auch.

Julius Bertram: Richtig gut hat mich sofort mit abgeholt. Ich komme ursprünglich aus Thüringen und meine, ich habe es jetzt schon ein paar mal erzählt, aber ich wiederhole es jetzt trotzdem. Ich komme ursprünglich aus Thüringen und meine Schwiegereltern, meine Lebensgefährtin kommt aus Sachsen-Anhalt. Das ist ziemlich feste Verankerung in den östlichen Regionen dieses Landes, und ich gucke mit ganz viel Schmerzen auf die anstehenden Landtagswahlen.

Shai Hoffmann: Ja, das ist so bitter. Aber ich habe mich in Vorbereitung auf diese Tour und auch der strategischen Ausrichtung habe ich mich mit der Initiative wir sind der Osten getroffen. Was macht die Initiative? Die sorgt sozusagen für mehr Repräsentanz auf allen oder in allen gesellschaftlichen Ebenen von Ostdeutschen, und ich wollte einfach wissen, was treibt die Menschen da um? Worauf sollten wir achten? Weil grade wenn ich als Westdeutscher, Westberliner Hipster, also von außen wahrscheinlich wahrgenommener Hipster.

Julius Bertram: Mitglied der jüdischen Gemeinde.

Shai Hoffmann: War ich mal.

Julius Bertram: Bist du nicht mehr?

Shai Hoffmann: Bin ich nicht mehr.

Julius Bertram: Bist du ausgetreten?

Shai Hoffmann: Ich bin ausgetreten, ja laut und deutlich ausgetreten, weil ich nicht mehr mit dem Vorstand der jüdischen Gemeinde, wie es sich jetzt auch wieder bestätigt hat. Die Wahlen sind ja vom Zentralrat der Juden nicht angenommen wurden, weil die Gegenopposition sich sozusagen zurückgezogen hat aufgrund von irgendwelchen Ungereimtheiten in der Gemeinde, und das ist für mich ein ganz schwieriger, ganz schwieriger Verein,

Julius Bertram: Aber das heißt, im Grunde bist du, wenn du mit deinem Haus durch Ostdeutschland fährst, echt nicht zu übersehende Zielscheibe

Shai Hoffmann: Wahrscheinlich schon, ja!

Julius Bertram: Ich überlege mir das jetzt doch noch mal.

Shai Hoffmann: Aber wir brauchen ja Menschen, die genau diesen Hintergrund haben, weil wer bin ich, der mit Menschen sich unterhält, die ganz anderen, die einen ganz anderen Schmerz erfahren haben in ihrem Leben, und ich glaube, Empathie zu zeigen für Menschen, die sich immer noch, die immer noch wütend darüber sind, dass es eben immer noch keine Parität zwischen Ost und West gibt. Und wie kann das sein? Also einfach auch dann den Menschen zuzugestehen, so, hey, du hast schmerzen und du bist wütend, und ich wäre es auch an deiner Stelle. Aber lets talk, Tacheles so, und lass uns doch mal gucken, wie können wir, wie können wir gemeinsam dafür sorgen, dass eine Partei, die abgrundtief Menschverachtend ist, wie sie jetzt auch mehrmals schon bewiesen hat, so eine hohe Zustimmung bekommt. Wie kann das sein? Noch nicht mal irgendwie weiß ich nicht knapp 80 Jahre nach dem zweiten Weltkrieg.

Julius Bertram: Was macht das mit dir?

Shai Hoffmann: Ja, ich habe Angst, ich bin irritiert, ich habe fragen. Ich denke, mittlerweile jetzt ja, jetzt offen, jetzt auch laut darüber nach, ob Deutschland hier eine Zukunft für mich wäre, eine Zukunftsoption, und welche Option ich hätte, und ich als Jude hätte theoretisch auch die Möglichkeit, sozusagen den israelischen Pass zu beantragen. Will ich das mit der politischen Situation, die es jetzt in Israel gibt.

Julius Bertram: Was für ein krasser Scheiß, dass Leute darüber nachdenken, das Land zu verlassen, weil sie Angst bekommen! Also, ich horche deswegen auf, weil eine Kollegin von uns vor kurzem gesagt hat, sie ist mit einem mit einem Menschen zusammen, der afrikanische Vorfahren hat. Ist das richtig? Kann man das so sagen? Afrikanische, Vorfahren ist richtig, oder? Ich bekomme selber immer ins Stocken. POC ist, glaube ich, richtiger. Und der meinte, er fährt nicht nach Brandenburg, der fühlt sich nicht sicher, wenn er nach Brandenburg fährt.

Shai Hoffmann: Kenn ich viele. Habe ich grade erst jemanden getroffen, den ich übrigens über Linked In kennengelernt habe, der mir gesagt hat, wenn ich nicht nach Ostdeutschland muss, fahre ich da nicht hin.

Julius Bertram: Verrück oder?

Shai Hoffmann: Ja total verrückt.

Julius Bertram: Also, ich krieg das auch in meinen Kopf nicht rein, weil ich glaube, also ist ja schon so eine Blase. Die Leute, die das hier hören, gehören ja zwangsläufig irgendwie schon zu dieser Blase dazu, und es ist so schade, dass es außerhalb dieser Blase nicht stattfindet, dass Menschen, die eine bestimmte Hautfarbe haben oder ein bestimmtes aussehen haben, dass für die weite Teile dieses Landes No-go-Areas geworden sind, wo sie nicht hingehen, völlig inakzeptabel, und trotzdem geht keiner auf die Straße.

Shai Hoffmann: Ja, ja, ja, wir nehmen das hin, weil das irgendwie so in unsere wahnsinnig in unseren Alltag eingeflößt wird. Und ähm, ja, ich meine ich, ich ärgere mich ja wirklich sehr regelmäßig über Axel Springer und die Bild, und ich bin der ganz festen Überzeugung, als meistgelesenste Tageszeitung hat die Bild einen Riesen Einfluss auf die Menschen überall in Deutschland, wie sie sozusagen den Minderheiten dieses Landes gegenüberstehen, und ich finde das brandgefährlich, auch die sozialen Medien, ich meine, als wir beide jünger waren.

Julius Bertram: Was soll denn das heißen?

Shai Hoffmann: Also noch jünger waren. Das war also weiß nicht. Wir haben uns ja nicht unbedingt, mit Social Media, wir sind damit ja nicht groß geworden. Das ist so gekommen, als wir ein bisschen älter wurden, reifer wurden und da haben wir gemerkt, okay was für eine Gefahr das auch birgt, auf Social Media unterwegs zu sein und ja, indoktriniert zu werden. Ich bin auf Tiktok, neuerdings und auf Tiktok werden einfach meine Videos gesperrt. Musst du dir mal vorstellen, ich mach so aktivistische Arbeit und reg mich sozusagen über Dinge auf die, die zum Beispiel der Spitzenkandidat der AFD sagt, Maximilian Krah. Und TikTok sperrt einfach meine Videos, das ist total abgefahren. Und gleichzeitig, wenn ich trotzdem mal irgendwie Videos durchbekomme durch den Algorithmus, dann könnt ihr euch nicht vorstellen, was dann für eine eine Lawine, eine Hasslawine unter meinen Videos passiert. Also das ist Wahnsinn. Wie Menschen polarisiert sind von Themen wie Gender oder Migration.

Julius Bertram: Im Kern dreht sich ja dann immer alles um eine Frage, also wir als sozial Unternehmer*innen halten ja, irgendwie halten wir immer unsere Birne hin. Und also ich habe die Frage für mich nicht beantwortet, und ich bin Gott sei Dank nicht derjenige, der interviewt wird, sondern du. Warum macht es dann trotzdem? Also, wenn du das Gefühl hast, das ist so eine krasse Lawine, und das ist so viel, und du tatsächlich? Also wir haben eben kurz über Angst geredet, du sagst, ich überlege ernsthaft, dieses Land zu verlassen, warum dann doch? Was treibt dich an? Was ist das?

Shai Hoffmann: Was ja also, erstmal treibt mich die Überzeugung an, dass wir, oder dass ich gar keine andere Wahl habe, also ich meine, meine Großeltern, die waren alle im KZ so, und Ähm, sollten die irgendwann mich da oben im Himmel fragen, was hast du denn damals gemacht, als das immer schlimmer wurde? Dann möchte ich nicht sagen, ich bin einfach gegangen und hab das Zepter einfach andere Menschen überlassen, sondern ich hab das gemacht, was im Rahmen meiner Möglichkeiten war, und habe hoffentlich dafür gesorgt, dass wir ein bisschen näher zueinander rücken hier in der Gesellschaft, das ist die eine Sache, die andere Sache ist, da habe ich mit Raul Krauthausen ganz lange darüber gesprochen in seinem Podcast, ob Aktivismus eigentlich uneigennützig ist, und Ähm, und wir sind eigentlich beide auch zu der Erkenntnis gekommen, dass wir, dass wir als weiße Männer, die zwar Minderheiten angehören, Ähm, Raul Krauthausen sitzt im Rollstuhl, hat die Glasknochenkrankheit. Ich bin Jude, nicht äußerlich erkennbar, aber ich bin jüdisch, und wir machen das aber auch ein Stück weit, um von der Community, von den Menschen irgendwie auch irgendwie eine Zustimmung zu bekommen, beziehungsweise. Ja, vielleicht auch gemacht zu werden von unserer Peergroup, in unserer Bubble, daraus schöpfe ich, daraus, Schöpft wahrscheinlich auch Raul Krauthausen seine Kraft, und insofern ist das auch nicht ganz uneigennützig, was wir da machen!

Julius Bertram: Das ist spannend, dass du das sagst. So hab ich das noch nie betrachtet, das heißt, du machst es schon auch, weil du es abgekürzt, geil findest, wenn du dafür ein bisschen von der Seite gecheered wirst..Ich finde es gut, ist keine Wertung, also wirklich beim besten Willen nicht, wir brauchen ja alle irgendwas woraus wir speisen.

Shai Hoffmann: Genau, genau! Also, ich meine, stellt euch vor ich würde sozusagen diese ganzen Videos machen und würde nur Hass dafür abbekommen und niemand, der sagt, Ey Shai, danke, dass du das machst. Ich habe gerade nicht die Kapazitäten, weil ich irgendwie alleinerziehende Mama bin zum Beispiel und muss arbeiten, muss uns dadurch bekommen, irgendwie, damit wir abends essen auf dem Tisch haben, und ich finde das super. Ich unterstütze dich, indem ich das teile, und das motiviert mich schon. Ja, also, es ist jetzt nicht so, dass ich irgendwie vom Spiegel stehe und die ganze Sage: Boar Shai, du bist ja ein richtig geiler Typ. Okay, das mache ich manchmal schon.

Julius Bertram: So habe ich es mir vorgestellt.

Shai Hoffmann: Aber das also, das motiviert mich schon.

Julius Bertram: Das ist gut. Also das ist gut, dass du dich so motiviert anstatt das negative am laufenden Meter an dich ranzulassen.

Shai Hoffmann: Ja, das lasse ich leider auch an mich ran. Aber mir gibt es ganz viel, wenn andere Menschen mich unterstützen oder ich sozusagen jetzt, wenn ich die Tour plane, auch auf ein Netzwerk zurückgreifen kann, dass ich ja nur habe, weil ich mich exponiere.

Julius Bertram: So, jetzt hab ich dir aufmerksam zugehört. Also du setzt dich ein, du findest es wichtig, dass man sich einsetzt. Eigentlich sollen wir uns alle einsetzen. Und ganz am Anfang. Ich weiß nicht, ob ich mir eingebildet habe, aber ich glaube, du hast gesagt, manchmal guckst du auf dein Konto rauf, und dann fragst du dich doch, ob du nicht an der falschen Stelle abgebogen bist. Wie verdienst du damit Geld? Also, die müssen ja alle irgendwie Geld verdienen, um zu leben. What’s your Business?

Shai Hoffmann: Ja, also, ich habe, glaube ich, so ein paar Standbeine oder was, was ich glaube, sondern ich hab ein paar Standbeine. Und es beginnt von. Ich moderiere ab und an mal, wobei, glaube ich, mein Profil nicht so nicht so klar zugeschnitten ist zum Moderator, weil mir halt so viele Dinge Spaß machen. Ich hab auch länger Startups beraten im Startup Incubator Berlin, von der HWR. Ich gebe Workshops, ja, ich mache wirklich ganz viel, ich lehre auch ab und an mal, ich berate Kommunikationsstrategien und so. Das ist ja auch irgendwie mein Steckenpferd. Und die Dinge, die mich umtreiben, meine ganzen Bus Begegnungen und so, die ich gemacht habe, die müssen ja auch irgendwie öffentlichkeitswirksam in Szene gesetzt werden. Und dann, das macht mir eigentlich super viel Spaß. Und ja, ich glaube, ich habe wahnsinnig geringe Fixkosten, oder ich versuche, meine Fixkosten immer möglichst gering zu halten, und hätte ich nicht eine Wohnung, in der ich schon 2011 eingezogen wäre, könnte ich das heute nicht machen, was ich mache.

Julius Bertram: Ja, das ist ein echtes Thema in Berlin.

Shai Hoffmann: Total! Also ein buntes Potpourri an Dingen, die mir wirklich zum allergrößten Teil wirklich sehr, sehr Spaß machen, für die ich brenne und die ich liebe, und für die ich super, dankbar bin.

Julius Bertram: Also, du hast ja wirklich viele Dinge gemacht. Du hast viele Dinge angefangen, du hast die Karma Schuh gemacht, du hast das Demos Mag gemacht, du hast dein Podcast gemacht auf einen Cay mit Shai mit, du hast viele Sachen gemacht, und dann hast du irgendwann immer hast du ein Punkt wo dich gehabt, wo du gesagt hast, ich mache es nicht mehr, und dummerweise ist ja so, dass das bei uns in der Gesellschaft immer schnell als Scheitern interpretiert. Ich sehe das komplett anders, wo man wahrscheinlich eine extra Folge machen könnte. Aber trotzdem gehört ja immer was dazu, eine Entscheidung zu treffen und zu sagen, ich mach es jetzt nicht mehr, ich tu's nicht mehr. Wie kommst du zu so einer Entscheidung? Also es ist, es tut mir leid, weil ich lenke, dass gerade nicht in die Richtung, wie kommst du auf neue Ideen? Weil das hab ich also, was inspiriert dich? Du hältst die Augen auf und guckst nach draußen und kriegst, hast halt Ideen und bist halt geborener Unternehmer und Aktivist, Sozialaktivist, aber wie gehst du das an das Thema ran, Dinge nicht mehr zu machen?

Shai Hoffmann: Ja, dadurch, dass, man glaube, ich, so neugierig ist und so lebenshungrig und ich liebe es, mich mit Menschen zu treffen und sich auszutauschen und zu überlegen. Ich meine jetzt gerade, wenn ich dir erzähle, ich will mit einem Tiny House durch Ostdeutschland fahren, und du sagst, ich komme mit. Und ja krass, ich wollte eigentlich auch einen Podcast machen und auch vielleicht vor Ort stimmen hörbar machen. Und du sitzt hier mit deinem geilen Equipment, diese Mikrofone! Mit dem Bass, ihr hört es, ihr seid bestimmt ganz beseelt, warum da nicht zusammenkommen? Und das liebe ich so, und das bringt mich oft dazu, dann zu überlegen. Es gibt so viele spannende Dinge da draußen, und ich würde gerne in meinem Leben noch viel mehr probieren. Das hat sich natürlich in den letzten Jahren so ein bisschen eingeengt, auch mit Familie und Kind und so. Aber ich bin ein sehr neugieriger Mensch, der viel probieren möchte, und tatsächlich, der Bruch oder was heißt der Bruch oder die Entscheidung, zum Beispiel die Karma Classics nicht mehr zu machen, wo wir eben Schuhe und Rucksäcke fair und nachhaltig produziert haben, war die gesellschaftspolitische Lage in Deutschland. Und das war 2016/17, wo ich eben gemerkt habe, so krass irgendwie, die AfD wird in einen Landtag nach dem anderen gewählt in Deutschland. Und was passiert 2017 mit der Bundestagswahl? Wird wirklich eine Rechtskonservative bis in Teilen eine rechtsradikale Partei wieder in den Bundestag kommen, also dorthin, wo sie nach dem zweiten Weltkrieg einfach noch nicht war. Und diese Erkenntnis, dass das jetzt so weit ist, zusammen mit meinem Background in der Geschichte, die ich mitbringe in dieses Land, wie übrigens mittlerweile jede vierte Person in diesem Land eine Anwendungsgeschichte hat, hat mir einfach irgendwie gesagt oder gezeigt, so nicht mehr fair und nachhaltige Schuhe, das machen ganz viele Unternehmen, und das machen die super. Und deswegen dieser Sozialaktivismus, den ich für viel, für mich persönlich viel wichtiger erachte.

Julius Bertram: Das finde ich super spannend! Du hast quasi, das Spaß haben abgewogen gegenüber soziale, gesellschaftliche Verantwortung.

Shai Hoffmann: Was mir natürlich auch Spaß macht, aber, ähm, ja, aber genau

Julius Bertram: Guter Hinweis.

Shai Hoffmann: Ja, aber ich. Natürlich vor allen Dingen das steady income abgewogen, vielleicht abgewogen. Wenn man ein Unternehmen hat, bei dem man im Produkt hat, dass man verkauft, dann kann man ja irgendwie in gewissermaßen kalkulieren und so weiter, und das habe ich natürlich gerade nicht mehr, weil ich kein Produkt im klassischen Sinne habe.

Julius Bertram: Ja, ich muss jetzt auch eine Abwägung machen. Ich überlege, wo ich das Gespräch jetzt hinlenke. Ich habe zwei Themen, die ich total spannend finde. Zum einen würde ich dich gern ein bisschen anzapfen, was das Thema Crowdfunding angeht, weil ich glaube, da draußen ganz viele Leute, die sich mega für dieses Thema interessieren, und Ich glaube man kann sagen du bist ein ausgewiesener Spezialist. Ich meine, du berätst Leute, dazu

Shai Hoffmann: Ein ausgewiesener?

Julius Bertram: Ich habe gerade entschieden, so die Alternative habe ich gerade verworfen.

Shai Hoffmann: Also aber die wollen wir noch hören. Was wäre sie gewesen?

Julius Bertram: Wie bringt man Leute dazu, selber aktiv zu werden?

Shai Hoffmann: Mach mal, ich lasse da was einfließen. Ich lasse das einfließen.

Julius Bertram: Okay, also, ich habe eine mega geile Idee, und ich habe den proof, weil andere Leute sie auch noch gut finden, und jetzt brauche ich Geld dafür, und das ist, glaube ich, eine Hürde für viele. Ja, also woher bekomme ich Geld? In der Regel sind es halt nicht die Stiftung,weil dazu fehlt dann noch mal eine ganze Menge Wissen bei vielen. Ich glaube, Crowdfunding ist gar nicht so abwegig, das zu machen. Wie gehe ich richtig vor, und was sind die drei wichtigsten learnings?

Shai Hoffmann: Oh, Wow, Okay, also, Crowdfunding ist erstmal.Ja, also, es gibt ja verschiedene Crowdfunding. In Deutschland wird Crowdfunding als so so umbrella, Regenschirm Wort benutzt, und unter dieser, diesem Wort werden so verschiedene, Thorsten Schreiber, glaube ich, war ja auch in deinem Podcast. Der ist ja auch ein ausgewiesener Praktiker, Crowdfunding Praktiker mit seinen Solar Containern.

Julius Bertram: Muss ich korrigieren Crowdinvesting.

Shai Hoffmann: Genau eben Crowdinvesting ist nämlich sozusagen eine Art des Crowdfundings. Wo ich mich so ein bisschen auskenne und was ich sozusagen auch schon jetzt mittlerweile 14 mal gemacht habe, sind Reward-Based Crowdfunding. Das bedeutet, ihr bestellt bei mir zum Beispiel ein fair und nachhaltig, produzierten Schuh oder einen Rucksack vor oder eine Ausgabe des Demos Mags, was dann noch erstellt werden muss. Aber ihr glaubt sozusagen meine Idee, und ihr gibt dann Geld und bekommt dann, wenn das Crowdfunding erfolgreich wird, die das Magazin zugeschickt, so oder ein Online Link zum e-reader oder so. Und wichtig ist erstmal zu verstehen, wie aktuell ist das Thema? Denn beim Reward-Based Crowdfunding funktionieren nämlich auch Projekte, die zum Beispiel gerade so ein gesellschaftliches Momentum haben. Wenn ich beispielsweise irgendwie gerade für Erdbeer, Erdbeeropfer, Oh Gott Sorry, Erdbebenpfer Geld sammeln möchte, zum Beispiel jetzt in Marokko, dann gehe ich zum Beispiel auf eine Crowdfunding Plattform wie Better Place oder auch eine Reward-Based Crowdfunding, die größte in Deutschland heißt Zadex, richte dort ein Projekt ein und sage, hey, ich möchte gerne sammeln für die Erdbebenopfer, und dann geben Menschen einfach Geld. Also zum gesellschaftlichen Momentum, befeuert sozusagen die Emotionalität, und Menschen geben dann Geld. Besonders geeignet sind aber Reward-Based Crowdfundings für Produkte, also abgesteckte Produkte, bei denen klar ist, alles klar, ihr wollt jetzt die Caps, die Cappies, die du jetzt auch trägst, Julius wollt ihr sozusagen produzieren. Ihr wollt 1000 Stück produzieren, braucht aber beispielsweise erst mal 200 im Vorverkauf. Dann gehts in die Crowdfunding Kampagne, sagst: Hey, diese coolen Caps! Mit 15 € pro Cappie spendet ihr sogar 2€ für benachteiligte Familien, die keinen Zugang zu Büchern haben, zum Beispiel. So, und dann gehst du ins Crowdfunding, und Leute können mit einem sehr abgespeckten oder abgesteckten Produkt oder Projekt, das sehr greifbar ist, können sie dir Geld geben. Und die drei Learnings sind, sei transparent, genau also sag, wie viel Geld willst du, wofür willst das Ausgeben und Staffel sozusagen wirklich Fächer, genau die Kosten, auf, die du hast, und die müssen dann logischerweise konsistent sein mit der Fundingsumme, die du dort verlangst. Genau also Transparenz, dann Authentizität. Die Leute geben dir, Julius, das Geld, weil sie dir vertrauen, dass du dann am Ende mit ihrem Geld nicht nach Portugal fliegst zum Surfen, sondern wirklich tatsächlich an der Produktion dieser Mützen Arbeitest. Und das dritte ist ja, habt Spaß beziehungsweise kalkuliert, nee, es gibt einfach wahnsinnig viele learnings, habt Spaß! Vor allen Dingen kalkuliert das Produkt richtig, auch was die Gelder angeht, weil ganz viele starten irgendwie mit so roundabout 5000 €, und dann kriegen sie es zusammen, und dann merken sie, aber, während der Produktion ist das, Ding kostet viel, viel mehr, als diese 5000 nicht veranschlagt haben.

Julius Bertram: Da hilft ein BWLStudium

Shai Hoffmann: Da hilft ein BWLStudium, aber da hilft natürlich auch eine Excel Tabelle, und da hilft Menschen, die um einen herum sind, die dann noch mal drüber gucken und so.

Julius Bertram : Aber ich hab das Gefühl, wir haben über die geheime Zutat noch nicht geredet, also die Kampagne online zu stellen, verstanden und dabei transparent zu sein und nett zu sein und höflich, auch. Aber aus eigener bitterer Erfahrung, nur weil ich es online stelle, habe ich noch keine Reichweite. Gut! Wo kommt die Reichweite her?

Shai Hoffmann: Das ist nochmal eine ganz andere. Das ist noch mal eigentlich eine Wissenschaft für sich.

Julius Bertram: Aber wo kommt sie her?

Shai Hoffmann: Ich würde sagen, ganz am Anfang steht sozusagen dein eigenes enges Netzwerk, und dann musst du eine richtig ausgeklügelte Kommunikationsstrategie fahren, damit du noch mehr Menschen sozusagen außerhalb deiner, Reichweite erreichst.

Julius Bertram: Also, ist es nicht so trivial?

Shai Hoffmann: Nee, ist gar nicht so trivial.

Julius Bertram: Befeuert die Plattform das von selber.

Shai Hoffmann: Nicht wirklich. Nee, würde ich mich nicht drauf verlassen?

Julius Bertram: Okay, das heißt aber Quintessenz, es geht, es geht nicht ohne Plan, und ich brauche ein Netzwerk.

Shai Hoffmann: Genau im besten Fall, ähm, wir machen jetzt keinen Workshop hier. Im besten Fall fängst du an, lange bevor du ins Crowdfunding startest, dir deine Crowd aufzubauen in den sozialen Netzwerken und erzählte der Crowd, was du Vorhast, nimmst sie mit, mit Storys, schaffst sozusagen eine Art Verbindung vertrauen, und dann, wenn es losgeht, kannst du schon deinen paar 100 oder paar 1000 Follower*innen sozusagen sagen, so, hier, guck mal, das ist mein Produkt. Ich möchte Affirmations, Karten machen oder wie auch immer, oder ein Buch rausbringen für Kinder mit Beeinträchtigung, und jetzt könnt ihr hier auf diesen Link klicken und unterstützt das Crowdfunding. Also, man arbeitet sozusagen, man erarbeitet sich dorthin.

Julius Bertram: Was ist die Crowdfunding Kampagne, die sich alle mal angucken sollten, um Gefühl dafür zu kriegen?

Shai Hoffmann: Ja, da gibt's ganz viele, ich, finde, es ist eine ganz alte Kampagne, schon von Original unverpackt. Das war oder ist so ein Supermarkt, ohne Verpackungen.

Julius Bertram: Milena

Shai Hoffmann: Milena Glimbovski. genau die hat auf der Wiener Straße, glaube ich, in Kreuzberg so einen Supermarkt aufgemacht. Die sind mit einem sehr schlechten Video in die Kampagne gegangen, hatten aber irgendwie ein ziemlich gutes Mockup und das sozusagen visuell nochmal unterstützt hat, wie so ein Supermarkt ohne Verpackung aussehen könnte. In der Realität sieht es natürlich vollkommen anders aus. Aber sie hatten dieses Mockup und die Menschen, und dieses Projekt kam zu einer Zeit, in der Klimaschutz ganz ganz oben auf der Agenda stand und überall diskutiert wurde und eine der vielen Lösungen sein konnte und war sicherlich auch, und deswegen ist dieses Projekt durch die Decke gegangen. Also, die haben über 100000 € eingesammelt, glaube ich, also wahnsinnig viel Geld eingesammelt, obwohl sie, glaube ich, nur 15000 oder 20000 wollten. Aber es kam zu einer richtigen Zeit. Also das auf jeden Fall angucken, und dann gibt es auf Kickstarter noch der Coolest Cooler, das ist so ein amerikanischer Dude, der so ein, wie nennt man das Leute zum Camping, so eine kühl, so eine Kühlbox, so eine camping Kühlbox hat, ja komplett redesigned, mit zwei Fächern. Wenn du die aufmachst, dann leuchten die Fächer, dann hast du irgendwie so einen Anschluss, um dein iPhone aufzuladen, aber auch anzuschließen an eine Box, die ebenfalls in dieser Kühlbox integriert ist. Also total abgefahren! Super Video, super Video

Julius Bertram: Hast du ein Produkt in der Pipeline, dass du dem nächsten Crowdfunden wirst.

Shai Hoffmann: Nee, glaube ich nicht

Julius Bertram: Okay.

Shai Hoffmann: Ich bin Crowdfunding müde.

Julius Bertram: Ist das so?

Shai Hoffmann: Ja, schon sehr, sehr viel Arbeit, muss man sagen. Also, man muss sich genau überlegen, wie viel Zeit und Ressourcen man hat und da reinstecken möchte, und dann natürlich auch die Rechnung aufmachen, lohnt sich das dann auch überhaupt und so? Also genau also hat es nicht so einfach, man hat eine Idee lets go Crowdfunding, sondern man sollte sich da gut Gedanken machen und abwägen, ob das sozusagen Opportunitätskosten heißt das in der Betriebswirtschaft.

Julius Bertram: Also, ich fasse das ganz generell zusammen. Wir haben einen unglaublichen Schnellstart hingelegt. Wir haben über Demokratie geredet, wir haben über Selbstständigkeit geredet, wir haben über Crowdfunding geredet. Normalerweise stelle ich am Ende immer noch eine kluge Frage, und jetzt hab ich mir aber grad eben spontan überlegt, dass ich dir jetzt einfach die 30 Sekunden Zeit gebe, und das ist deine Bühne, um die Leute dazu aufzufordern, aktiv zu werden. Oh, das hätte man, man kann das leider nicht einblenden, doch der Shai hat große Augen gemacht. Große Augen.

Shai Hoffmann: Ja, das setzt mich jetzt unter Druck, weil jetzt lastet ganz viel Druck auf mir. Ach, ich habe ganz viele Freunde, die hier in Deutschland sich zu Hause fühlen, die hier geboren sind und die zunehmend merken, dass ihnen von außen signalisiert wird, dass sie eigentlich keine Deutsche wären und dass sie nicht hierher gehören, und jedes mal, wenn mir Freunde das erzählen, dann habe ich so einen Klos im Hals und ich denk mir, was, was ist das für eine Gesellschaft, in der wir leben, dass Menschen, die hier wie selbstverständlich groß geworden sind, geboren sind, groß geworden sind, die genauso gerne Birkenstock tragen, aber auch weiß nicht mal eine Currywurst essen wie andere Menschen, das denen sozusagen das Deutschsein abgesprochen wird. Und das möchte ich nicht. Und ich bin mir sicher, dass ganz viele Menschen da draußen auch nicht wollen, und vielleicht sind wir hier in der Bubble. Aber es ist halt wahnsinnig wichtig, vielleicht jetzt gerade mal sich zehn Minuten zu nehmen und vielleicht den ersten Post auf Linked In mal zu verfassen und zu sagen, dass man nicht einverstanden ist mit der Politik der AFD oder mit anderen, diskriminierenden Dingen, die auf der Welt passieren oder in unserer Gesellschaft passieren, und damit macht man vielleicht schon den ersten Schritt, um Aktivist und Aktivisten zu werden.

Julius Bertram: Voll gut. Welches ist der Song, mit dem du diesen Podcast beenden möchtest?

Shai Hoffmann: Ich höre gerade, ich höre gerade so amerikanischen Gospel und da habe ich gerade jemanden, den ich höre, Tauren Wells, heißt der, und der hat „Joy In The Morning“, ist ein ziemlich cooler Song

Shai Hoffmann: Hören wir den jetzt?

Julius Bertram: Ja, cool, danke dir für deine Zeit Shai.

Shai Hoffmann: Danke dir Julius

Intro/Outro: Goodcast, der Podcast, der wirkt präsentiert von Viva Equality, mit freundlicher Unterstützung von Makiko.

Neuer Kommentar

Dein Name oder Pseudonym (wird öffentlich angezeigt)
Mindestens 10 Zeichen
Durch das Abschicken des Formulars stimmst du zu, dass der Wert unter "Name oder Pseudonym" gespeichert wird und öffentlich angezeigt werden kann. Wir speichern keine IP-Adressen oder andere personenbezogene Daten. Die Nutzung deines echten Namens ist freiwillig.